Interessante Infos zu den Schweizer Mannschaftsmeisterschaft beim Schweizer Schachbund (Engener spielen in den Ligen NLA, NLB Ost, 1.Liga Ost, 3. Liga Ost).


Vergessene Gefechte der Schachgeschichte

„Studiere die Partien der alten Meister!“, lautet einer der unzähligen Ratschläge des Grossmeisters an den empor strebenden Schachjüngling, worauf dieser etwas befremdet dreinschaut. Hat die jetzt herrschende Generation der weltbesten Schächer ihren Vorgängern nicht in allen Belangen des königlichen Spiels den Rang abgelaufen? In der Tat bewegt sich Schach im Jahre 2005 in punkto Eröffnungstheorie, strategisches Wissen sowie Breitensport in anderen Dimensionen als ausgangs des 19. Jahrhunderts.

Nichtsdestotrotz verstanden auch die damaligen Akteure ihre Tätigkeit ausgezeichnet und fochten im Gegensatz zu den heutigen Remisgaranten jeden noch so wichtigen Kampf bis zum triumphalen oder bitteren Ende.

Tschigorin, Michail (Russ) –
Steinitz, Willhelm (Ö)
Weltmeisterschaft, Havanna 1889
Evans-Gamit

1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Lc4 Lc5 4. b4!?

Was aus der momentanen Gilde der Topspieler wohl nur ein Morosewitsch wagen würde, tut der Vater der Russischen Schachschule mit leichter Hand.

4. … Lxb4 5. c3 La5 6. 0-0 Df6?!

Freilich stimmen diese Züge nicht mit der modernen Theorie überein, die 6. d4 bzw. 6. … Sf6 vorschlägt.

7. d4 Sge7 8. Lg5 Dd6 9. d5 Sd8 10. Da4 Lb6 11. Sa3 Dg6?

Es musste unbedingt 11. … c6 12. Lb3 f6 mit weisser Initiative geschehen.

12. Lxe7 Kxe7 13. Sxe5 Df6 14. Sf3 Dxc3!?

Ganz nach dem Motto: „Wenn schon, denn schon!“ In Ermangelung eines vernünftigen Entwicklungsplanes (14. … d6 wird stark mit 15. e5 begegnet) putzt der Champion munter weiter die weisse Infanterie vom Brett.

15. e5 c6

Gegen die Linienöffnung gerichtet, welche durch 16. d6+ und 17. dxc7 drohte.

16. d6+ Kf8 17. Lb3

Ein Kuriosum am Rande: Steinitz strebte diese wahrlich nicht gerade gemütliche Stellungsstruktur mit Schwarz im selben Wettkampf abermals an und erreichte einen Sieg und ein Unentschieden!

17. … h6 18. Dh4 g5

Keine Freude bereitet das Läuferpaar seinem Besitzer nach 18. … Se6 19. Lxe6 fxe6 20. Sc4.

19. Dh5 Dd3 20. Tad1 Dh7 21. Sc2 Kg7 22. Scd4 Dg6 23. Dg4 h5?

Nun aber war 23. … Se6 unabdingbar, wonach Weiss mittels 24. Sf5+ und 25. Se7 sein Übergewicht behauptet. Der eigentlich wünschenswerte Tausch auf d4 stösst nach 23. … Lxd4 24. Sxd4 auf das unangenehme 25.f4!.

24. Sf5+ Kf8 25. Dxg5 Dxg5 26. Sxg5 h4 27. Kh1 Th5 28. f4 Se6 29. g4!

Mit energischen Zügen zögert Tschigorin keinen Augenblick, dem gegnerischen König auch ohne Dame zu Leibe zu rücken.

29. … hxg3 e. p. 30. Sxg3 Th6 31. Sxf7! Kxf7 32. f5 Ke8 33. fxe6 dxe6 34. Se4

Die Fortsetzung des Leidens mit den Statisten Ta8 und Lc8 ist zu deprimierend…

1-0

Übrigens verteidigte Steinitz seinen Titel trotz dieser Niederlage souverän mit 10 gegenüber 6 Gewinnen, bei nur einem (Lang-)Remis!

Sefan Zollinger